Maia muss viel auf ihre kleine Schwester aufpassen, während ihre Mutter einem schlecht bezahlten Job nachgeht. Die 15-Jährige pfeift auf ihr Übergewicht und trotzt gemeinsam mit ihrer transgender Freundin den Sorgen des Alltags. Selbstbewusst und humorvoll berichtet sie uns davon in einem mit authentisch wirkenden Skizzen illustrierten Tagebuch.
Trotz aller Widerstände ist Maia ein fröhlicher Mensch, der “Alltagsglück”+ in kleinen Portionen sammelt und sich daran erfreut. Sie ist gedankenschnell. Im Unterricht kommt sie dennoch nicht gut mit, weil der Job im Smoothie-Laden ihr die Energie raubt. Sie will in der Klasse nicht zu sehr auffallen und ist nicht besonders beliebt, was sie auf ihr vermeintliches Übergewicht - Größe 42 - zurückführt. So schreibt sie in ihr Tagebuch: „Die beschissenste Gleichung der Welt: schlank = SCHÖN = wertvoll“. Derartig schonungslos-authentische Sprache verpackt viel Inhalt in wenigen Zeichen. Als sich ihre kleine Schwester im gemeinsamen Kinderzimmer an sie kuschelt, sagt Maia: “Es muss schön sein, sieben zu sein.”
Mit dem Buch ist eine interessante öffentliche Kontroverse verbunden, die sich gut im Literaturunterricht integrieren lässt. Die Jury des Katholischen Jugend- und Kinderbuchpreises wollte „Papierklavier“ auszeichnen. Dies wurde durch die Deutsche Bischofskonferenz unterbunden. Die genauen Gründe sind nicht bekannt. Vielleicht liegt es daran, dass Maias Mutter drei Töchter von drei Vätern hat. Brisant könnte auch sein, dass Maias beste Freundin Carla als Kind Engelbert hieß und nun als „Frau mit Penis“ durchs Leben geht.
Auch zum Gendern hat Maia eine klare Position. Als eine Lehrerin nicht gendern möchte, bilanziert Maia: “Da wollen die immer, dass wir unser Hirn benutzen, und schalten ihr eigenes auch nicht ein.” Weil Maia so authentisch, meinungs- und charakterstark ist, nimmt man ihr auch ab, wenn sie kritisch über Soziale Netzwerke und Influencer-Kultur spricht. Auch dann hat das Buch nicht den Anschein von pädagogischer Bevormundung ex cathedra. Maia ist ihrem Umfeld weit voraus, wenn sie beschließt, sich “in der eigenen Haut” - “im eigenen Leben” - wohlzufühlen. Das Buch stiftet Leserinnen und Leser dazu an, es ihr gleich zu tun.