Post aus Paidonesien

Dieses Buch erhielt den LesePeter Mai 2021. Die Veröffentlichung der Begründung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien.

Nicolas Abenteuer beginnt während des Sommerurlaubes mit seinen Eltern “Irgendwo in der Karibik”. Exakt am 2. Juni, dem achten Tag der Kreuzfahrt, hat er endgültig die Nase voll von seinen zankenden Eltern. Mangels Internetempfang greift er auf Papier und Stift zurück und schreibt seiner Oma einen Brief. Darin formuliert er, dass er nicht länger bereit ist, die Streitereien zu ertragen. Während des Schreibens reift sein Entschluss. Nicolas packt seine Sachen und etwas Proviant in ein Rettungsboot und macht sich aus dem Staub. Auf und davon, auf der Suche nach einer einsamen Insel, auf der er seine Ruhe hat.

Als Lesende werden wir gleich am Beginn des Buches in ein nicht gerade unproblematisches Geheimnis eingeweiht. Lange bevor die Oma die Briefe erhalten und die an sie gerichteten Zeilen lesen kann, wissen wir mehr als die anderen Beteiligten und vor allem mehr als Nicolas’ Eltern. Es folgt ein Abschiedsbrief, der mit lapidaren Worten endet: “Macht euch keine Sorgen! Euer Nicolas”

Die Reaktion auf das Verschwinden des Jungen erfolgt prompt in Form eines Briefwechsels zwischen Nicolas’ Vater und einem Botschafter. Mit diesem schriftlich ausgetragenen Dialog wandelt sich der emotionale, beinahe dramatische Einstieg zu einer grotesk anmutenden, zunehmend humorvollen und immer wieder überraschenden Erzählung, in der stets ein Fünkchen Ernst mitschwingt.

Vielfältiges Figurentableau

Nicolas und die vielen anderen Kinder, die nach und nach auf die Insel kommen, gründen einen Staat, Paidonesien, den sie verwalten und klug regieren. Dabei lassen sie sich weder von der Presse ins Bockshorn jagen noch allzu schnell zum Aufgeben bewegen.

Der Hergang erfolgt ausschließlich über Briefe und E-Mails zwischen sehr unterschiedlichen Akteuren. Ein reißerischer Journalist, ein Kinderpsychologe, die heiligen Drei Könige, die Generalsekretärin der Vereinten Nationen, ein Stararchitekt und einige mehr, das Figurentableau ist vielfältig und ermöglicht von emotionalen Nachrichten bis hin zu gestelzten Formulierungen sehr unterschiedliche Ausdrucksweisen, lebhaften Austausch und verschiedene Sichtweisen. Sehr gut gemacht!

Die insgesamt 57 Briefe und E-Mails bilden mit jeweils ein, maximal zwei Seiten kurze Kapitel. Die Leseportionen sind damit überschaubar und motivieren auch Kinder, die sich mit längeren Texten schwer tun, zum Lesen.