In ihrem zweiten Jugendroman nach “The Hate U Give” erschafft Angie Thomas die Figur Bri, die für Millionen junger Leute eine Heldin sein kann und sein sollte. Aber nicht nur für Jugendliche, die alltäglich die Diskriminierung Schwarzer in den USA erleben müssen, sondern für alle. Denn auch jugendliche Leserinnen und Leser weitab der amerikanischen Hood blicken mit diesem Roman einerseits in die fremde Welt des fiktiven Ghettos Garden Heights und des Hip-Hop und können sich doch zugleich im Buch selbst erkennen.
Während ihre Mitschülerinnen und Mitschüler sie zur Symbolfigur ihres Protests gegen Ungleichbehandlung an der Schule machen wollen, wünscht Bri sich nichts sehnlicher, als ihre Familie durch das Rappen vor dem sozialen Absturz zu bewahren, der unmittelbar bevorsteht: Ihre Mutter hat ihren Job verloren, ihr Bruder findet trotz guter Abschlüsse keine Arbeit und die unbezahlten Rechnungen türmen sich. Bri ist aber nicht irgendwer, sondern die Tochter der Rap-Legende Lawless, die in einer Auseinandersetzung zwischen Gangs ums Leben kam, als Bri gerade vier Jahre alt war. Damals hat der Tod ihre Mutter in die Drogensucht getrieben und heute bringt Bri die Gangs, die ihren Song als Drohung verstehen, gegen sich auf. Bri ist wütend, Bri ist traurig, Bri ist allein. Aber Bri hat einen Traum, den sie zu leben versucht. Egal was andere von ihr wollen oder über sie denken. Darin liegt die Wucht dieses Romans.
Angie Thomas bezeichnet ihren Roman als einen Liebesbrief an alle schwarzen Mädchen, die das Gefühl haben in einer Welt zu leben, die völlig falsche Vorstellungen von ihnen hat. Aber darüber hinaus ist er ein Liebesbrief an alle Jugendlichen und ein Aufruf, eine Stimme zu finden und “Krach zu schlagen” (Angie Thomas). Dass Angie Thomas von Dingen erzählt, die sie so oder in ähnlicher Weise selbst erlebt hat, spürt man in der “Street Credebility”, die aus jeder Zeile spricht. Mit beeindruckender Genauigkeit skizziert Angie Thomas die kleinen Szenen des alltäglichen Rassismus’. Konsequent sind die Dialoge im Ghetto-Slang verfasst. Sehr hilfreich ist das Glossar, das jenen Leserinnen und Lesern zum Verstehen verhilft, für die “bish”, “dappen”, “hoodlum”, “swaggen” oder “ratchet” keine geläufigen Worte sind.
“On the come up” ist ein Coming-of-Age-Roman mit Musik. Darum ist es zu empfehlen bei der Lektüre 2Pac, Queen Latifah, Lauryn Hill, Lil’Kim und die vielen anderen Stimmen zu hören, die die ästhetischen-akustische Dimension erst ganz zu entfalten vermögen. (Spotify stellt eine entsprechende Playlist zur Verfügung: “Rap along the tracks that inspired Angie Thomas´new book”).