Der dokumentarische Roman “Kinder von Hoy” zeichnet das Leben der in den 50er und 60er Jahren geborenen Generation von Hoyerswerda bis in die Gegenwart nach. Dies geschieht mit prägnanten Interviewaussagen und literarischen Kommentaren, die in poetischer Sprache voller Lokalkolorit verfasst worden sind.
Der Roman leistet mit den Mitteln der Literatur etwas, das Sachbüchern schwerfällt: Es wird uns ein Lebensgefühl gewahr. Die dichte, literarische Sprache bringt uns dazu, dieses Lebensgefühl erlebend zu erlesen. Dabei werden jugendliche Leserinnen und Leser gewiss nicht alles verstehen. Beispielsweise sind die Kapitel zur Kunstszene Hoyerswerdas voraussetzungsreich. Gerade in betreuten Lernarrangements – sei es im Literatur- oder Geschichtsunterricht oder in Lese-AGs – sollten einzelne Kapitel für die vertiefende Lektüre ausgewählt werden.
Hierzu besonders geeignet sind auch die Kapitel zu den rassistischen Ausschreitungen Anfang der 90-er Jahre. Das Buch gibt den Opfern eine Stimme. Das gilt für die massiv bedrohten Ausländer:innen – insbesondere anhand des mosambikanischen DDR-Vertragsarbeiters David – ebenso wie für Jugendliche und junge Erwachsene, die als “Zecken” beschimpft rechtsradikaler Gewalt ausgesetzt waren.
“Kinder von Hoy” nutzt das Potential von Oral History und literarischer Reflexion, um eine politisch wie kulturell bedeutende Zeit im kollektiven deutschen Gedächtnis zu verankern. Wir sollten Jugendlichen mit diesem hervorragenden Roman ermöglichen, an jener Erinnerung teilzuhaben.