Ein Teich voll mit Tinte

Dieses Buch erhielt den LesePeter Mai 2017. Die Veröffentlichung der Begründung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien.

“Ich kenn einen Mann, der Märchen ersinnt / und schon ganz früh morgens zu schreiben beginnt … / Einen Teich voll mit Tinte hat er im Garten, / versteckt hinter Sträuchern der seltsamsten Arten … / Und macht er so weiter, hundert Jahre und mehr … / dann schreibt er vielleicht noch den Tintenteich leer …”

Dieses einleitende Gedicht vom “Märchenschreiber” versetzt Leser und Hörer in eine “Es war einmal - Stimmung”, erklärt den verschlüsselten Titel und schafft zugleich Voraussetzungen für die skurrile bildnerische Umsetzung der einzelnen Texte mit Feder und Tinte.
Die raumgreifenden, meist farbintensiv kolorierten Federzeichnungen in einer Mischung aus Malerei und Grafik sind mehr als nur anschauliches Beiwerk, um den Gedichtband auszuschmücken. Sie ergänzen die Texte deutungsoffen und bewirken, dass man sich nicht nur lesend und hörend, sondern auch betrachtend in sie vertiefen kann. Es sind surrealistisch wirkende Bilder, welche die Reimgeschichten detailreich und fantasieanregend mit- und weitererzählen. Ergänzend eingefügte Doppelseiten sind, der jeweiligen Stimmung angemessen, durchgehend farbig grundiert, sodass die Illustrationen nicht nur punktuell als Karikaturen zum einzelnen Gedicht, sondern atmosphärisch wie kleine Gemälde erschlossen werden können.

Es macht Kindern - auch Schülern - Spaß, das Buch in Einheit von Text und Bild zu erschließen. Alle Geschichten zum Vorlesen, Mitsprechen und Angucken sind komisch. Es handelt sich um Lyrik, die über das Rezitieren ohne “Behandlung” spontan wirkt. Gerade Kinder können aufgrund ihrer Unbefangenheit in den hintersinnigen Nonsensgeschichten viel entdecken. Deshalb sind sie auch zum textbezogenen Interpretieren sehr geeignet. In einigen entstehen kuriose Situationen, indem Tiere vermenschlicht werden.

Alle in dem Band versammelten Geschichten befördern nicht nur inhaltlich, sondern besonders über Reim und Rhythmus das literarische Lesen von Lyrik. Sie lassen sich gut rezitieren - auch mit verteilten Rollen, auch auswendig. Die bereits 1978 verfassten Texte sind zeitlos, deshalb lohnt sich die Anschaffung dieses Kinderbuch-Klassikers für die Schulbibliothek - zum Vorlesen, Mitsprechen und Besprechen.