Die Kinder und der Wal

Dieses Buch erhielt den LesePeter April 2019. Die Veröffentlichung der Begründung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien.

Ist das ein Titelbild! Über dem symmetrischen schwarzen Schatten eines Wals in der Phase nach dem Wellenschlag liegt mittig das ganz schmale gelbe Kajak mit einer rotgewandeten Person und ganz leichten Andeutungen von Wellen, die durch eben das Boot hervorgerufen wurden. Die strenge Grafik wird aufgebrochen durch vier größere und fünf kleinere und unregelmäßige Eisbrocken, deren Ort auf und unter Wasser durch ein Weiß und ein Blauweiß angedeutet wird. Das gesamte Buch ist in einem starken Blau gehalten, das über den Buchrücken auch die Rückseite betrifft. Die beiden Vögel mit der weiten Flügelspannweite nehmen wir erst später wahr, denn sie geben - wie die tiefen Schatten des Eises - der Fläche eine eigentümliche Tiefe, die irgendwie im Gegensatz zu dem Ruderkind steht.

Eis ist weiß, und blau

In der blauweißen Nacht sitzen die Geschwister Cuno und Aia “weit im Norden” mit ihrem Vater am offenen Feuer. Diese erzählt seinen Kindern von einem Tier, das “einst durch die Gewässer ihrer Heimat gestreift war”. Cunos Neugier ist erwacht und lässt ihn nicht mehr los. seine kleinere Schwester will er nicht dabei haben, mit ihr spielen auch nicht, denn so könnte er eventuell das Tier verpassen. Er macht sich am frühen Morgen mit dem schmalen Einsitzer-Kajak und einem Paddel auf. Allein will er das Untier finden. Doch die pfiffige Aia hat sich im Kajak versteckt. Zurück will Cuno nicht, also muss sich das Mädchen hinter ihn auf das Boot setzen. Als eine bedrohliche Situation entsteht, wachsen nicht nur die beiden Geschwister ganz eng zusammen.

Der Text ist in die blauen Bilder integriert. Die Personen und viele Teile der Landschaft sind gerundet und schaffen eine Diskrepanz zwischen der eigentlich schroffen Eislandschaft und der Sehnsucht von Cuno, der auf der Suche nach dem Wal ist. Der ist “sechs Mal größer als unser Haus, hat ein Herz so groß wie ein Boot”, aber der kleine Junge findet ihn nicht. Atem beraubende Einblicke in die kalte Welt im Norden entstehen, wenn ein und die gleiche Szene einmal aus der Vogel- und direkt daran aus der Fisch-Perspektive gezeigt wird. Dabei sind die Bilder einfach gehalten. Die Kinder tragen je einen einteiligen Anzug mit Kapuze und ohne Anzeichen von Knöpfen oder Reißverschluss, die Füße stecken in tiefblauen Schuhen, die Hände entsprechend in Fäustlingen. Der Himmel zeigt, dass wir uns nördlich des Polarkreises befinden, und die bizarren riesigen Eisberge werden vom Sonnenlicht in ein hellblaues Weiß getaucht. Die Landschaft ist scheinbar eintönig und das Haus, das sich an den großen Berg anlehnt, eher klein und verloren.

Das Herz geht einem über am Ende der Geschichte, und man muss danach erst einmal durchatmen - so sehr haben wir uns mit der Geschichte in das Nordmeer gedacht. Das gelingt auch später noch mehrmals. Und als später nach Anschauen des Buches ein Frosch in unserem Garten direkt vor uns hüpfte, war es ähnlich. Das ist schön.