Das Leben meines besten Freundes

Dieses Buch erhielt den LesePeter Oktober 2018. Die Veröffentlichung der Begründung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien.

Da ist Jakob, ein Jugendlicher der gerade die erste Liebe für sich entdeckt hat. Etwas ängstlich, Einzelkind, ein schwacher Schüler und der beste Freund von Samir. Samir ist das genaue Gegenteil: Er ist mutig und seit einigen Wochen ein Halbwaise. Schon in der ersten Szene des Buchs zeigt sich die tiefe Verbundenheit der beiden Jungen, als Samir Jakob mit einem Trick vor einer Clique Halbstarker rettet, indem die beiden ein Spiel spielen, das schon viele mal geklappt hat: Sie tauschen ihre Identitäten für einen Augenblick.

Die beiden Leben der Jungen sind gerade ziemlich durcheinander. Jakob ist seit einiger Zeit das erste Mal verliebt. Er hat Fine kennengelernt. Mit ihrem Wiener Charme hat sie es geschafft Jakob für sich zu interessieren und so wird hier die Geschichte einer ersten Liebe erzählt, wie es sie in diesem Alter gibt. Die ersten Schmetterlinge und die Hoffnung diesen Menschen für sich zu gewinnen. Aber genau in dem Moment, als alles ins Rollen kommt erfährt er, dass seine Eltern für ihn keine Zukunft in Berlin sehen. Er soll in ein Internat gehen um dort den gewünschten sehr guten Schulabschluss zu machen. Geschickt, geradezu beiläufig wird hier mit den stereotypen Ängsten der Eltern aufgewartet, die natürlich Samir, und damit alles Fremde, für die schwachen Schulleistungen verantwortlich machen. Auch Samir gefällt diese “Konkurrenz” ganz und gar nicht. Zum ersten Mal muss er sich seinen Freund mit jemanden Teilen. Eine Erfahrung, die viele beste Freunde auf dem Weg zum Erwachsen werden einmal machen werden.

Auch in Samirs Welt steht kein Stein mehr auf dem anderen. Vor einigen Wochen ist sein Vater spurlos verschwunden und Samir, als Ältester in der Familie fühlt sich nun dafür verantwortlich der Familie zu helfen und herauszufinden was genau geschehen ist. Die Polizei wird hier nicht als Freund und Helfer dargestellt, sondern als eher uninteressiert und passiv. So entsteht hier eine kleine Kriminalgeschichte in der sich Samir in die arabische Unterwelt Berlins begibt. Zwischen Schutzgelderpressung und einer verschworenen Gemeinschaft lernt man eine Welt kennen, die wir so nur aus Nachrichtenberichten kennen. Als Samir hier eine Schwelle übertritt, im Buch begibt er sich ins Hinterzimmer des Arafatclans, wird er erwischt und muss um seine Familie zu schützen untertauchen.

Die beiden Jungen sehen nur eine Chance, den erneuten Rollentausch. So entsteht eine Parallelgeschichte in der die beiden versuchen ihre Ziele auf unterschiedliche Weise zu erreichen. Jakob in Berlin und unterstützt von seiner älteren Cousine Marie aus London. Passend zu einem modernen Jugendroman kommuniziert sie als Ratgeberin mit modernen Kommunikationsmitteln über ihr Smartphone. Diese kurzen Einschübe lockern das Buch immer wieder auf und bringen so die Geschichte Stück für Stück weiter. Samir, eigentlich stärker in der realen Welt daheim nutzt währenddessen die moderne Welt des Internets zur Recherche. So kommt er langsam dem Geheimnis des Verschwindens seines Vaters immer näher. Im Internat muss er dabei allerlei Prüfungen bestehen: Er muss zum ersten Mal die Hilfe eines Mädchens in Anspruch nehmen, kommt natürlich nicht mit den snobistischen Mitschülern klar und es kommt immer wieder zu Szenen in denen seine Tarnung zu kippen droht.

In einem Final Furioso fügen sich aber alle Handlungsstränge zusammen und so kommt es doch zu einem unerwarteten, aber glücklichen Ende. Dass dabei die Figur von Jakobs Vater einen sehr persönlichen Wandel durchmacht ist auch ein Hoffnungsstreif am Horizont für alle Jugendlichen, die währen der Pubertät Schwierigkeiten mit ihren Eltern haben.

Insgesamt ein angenehm erfrischender Jugendroman zwischen Krimi und Freundschaft. Seine Parallelen zu anderen Doppelgänger-Romanen sind dabei unverkennbar und liefern damit einen idealen unterrichtlichen Einstieg in dieses Buch. Die vielen unterschiedlichen Probleme und Lebenswelten, die die Akteure dabei durchlaufen liefern weitere interessante Diskussionsgrundlagen um über dieses Buch zu sprechen. Dass dabei der ein oder andere Stereotyp verwendet wird und eine klare klassische Rollenverteilung in Hauptcharaktere, Nebendarsteller, Gatekeeper, usw. hilft gerade einer so bildgeprägten Leserschaft um die Strukturen eines Films mit diesem Roman zu vergleichen.